Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag am 14.07.2024

14.7.2024    15 Uhr    vorm Lagerhaus G
ZWANGSARBEIT IM HAMBURGER HAFEN 1943-45
Gedenkveranstaltung anläßlich der Erstbelegung des Frauenaußenlagers des KZ Neuengamme am Dessauer Ufer im Juli 1944
Vorstellung der Arbeit >Blueprint<

Vor 80 Jahren wurde das größte Hamburger Frauenaußenlager des KZ Neuengamme im Lagerhaus G am Dessauer Ufer im Freihafen eingerichtet. Die ersten 1000 ungarischen und tschechischen Jüdinnen waren Anfang Juli 1944 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau für den Arbeitseinsatz in Hamburg ausgewählt worden. Sie erreichten Hamburg wahrscheinlich am 6. oder 7. Juli 1944. Einen Monat später wurden weitere 500 polnische Jüdinnen aus dem Getto Litzmannstadt (Łódź), die ebenfalls in Auschwitz-Birkenau selektiert wurden, ans Dessauer Ufer verlegt. Einige Frauen waren 1941/42 zuvor aus Hamburg und anderen deutschen Städten ins Getto Litzmannstadt deportiert worden.
Die Frauen mussten im Rahmen des „Geilenberg-Programms“, das vor allem zur Aufrechterhaltung der kriegszerstörten Mineralölindustrie diente, bei größeren Hamburger Raffinerien wie Rhenania Ossag (Shell), Ebano-Oehler (Esso), J. Schindler oder Jung-Öl, sowie in anderen Hafenbetrieben Aufräumungsarbeiten nach Bombenangriffen verrichten.
Die Veranstaltung erinnert am Beispiel des Hamburger Hafens daher auch an die sich damals ausweitende, im Zusammenspiel von SS, Industrie und staatlichen Verwaltungsstrukturen organisierte Zwangsarbeit, durch die die Kriegswirtschaft am Laufen gehalten werden sollte. Der 1944 einsetzende umfangreiche Einsatz von KZ-Gefangenen außerhalb der Konzentrationslager stellte die letzte Radikalisierung der Zwangsarbeit dar, besonders in der Luftrüstung, der Ölindustrie und im Schieferabbau. Den Höchststand der Zwangsarbeitenden gab es parallel zum Höhepunkt der Rüstungsproduktion im Sommer 1944. Jede*r vierte Arbeiter*in/ Angestellte zu jener Zeit im Deutschen Reich war ausländischer Zwangsarbeiter*in. Die Zuspitzung des Krieges im Reichsgebiet bedeutete auch eine Verschärfung der Bedingungen der Zwangsarbeit, so durch zunehmende Luftangriffe der Alliierten, denen Zwangsarbeitende meist schutzlos ausgeliefert waren.
Dies betraf insbesondere auch die Frauen vom Dessauer Ufer, die später auf andere Hamburger Außenlager verteilt wurden, und an deren Geschichte wir mit dieser Veranstaltung erinnern möchten.

Die Einsatzorte, an denen die Frauen unter lebensbedrohlichen Umständen u.a. Bombenschäden beseitigen mussten, liegen über das Hafengebiet verteilt und sind hinsichtlich ihrer historischen Bedeutung weder gekennzeichnet noch zugänglich. Im Rahmen dieser Gedenkveranstaltung stellt die Projektarbeit >Blueprint< in Kooperation mit der Initiative Dessauer Ufer eine Versuchsanordnung vor, die diesem Zustand entgegenwirken will. >Blueprint< markiert im Rahmen einer künstlerischen Arbeit jene Orte der Zwangsarbeit im Hafengebiet, an denen die Frauen vom Dessauer Ufer eingesetzt wurden. Als temporäre Intervention vor Ort versteht >Blueprint< sich als einen fortlaufenden Prozess, durch den die Verbindung der verschiedenen Arbeitsorte mit dem Außenlager am Dessauer Ufer kenntlich gemacht werden soll. >Blueprint< manifestiert sich anläßlich der Veranstaltung erstmals öffentlich mit dem Versuch, den gewohnten Blick auf diese Orte zu stören, zu schärfen und umzulenken. Quasi eine Probe aufs Exempel…

Und weiterhin gilt: Die Initiative Dessauer Ufer setzt sich für die Schaffung eines Gedenkorts im Lagerhaus G ein und fordert seine öffentliche Zugänglichkeit. Die Erforschung des Gebäudes und der in ihm erhaltenen Zeugnisse jener Zeit sowie seine sorgfältige Sanierung sind ebenso überfällig wie eine transparente Diskussion seiner künftigen Nutzung.

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