Miron Dawidowitsch Tschernoglasow

Miron Dawidowitsch Tschernoglasow wurde am 26.01.1919 geboren und
arbeitete als Arzt.

Als sowjetischer Kriegsgefangener durchlief er mehrere Kriegsgefangenenlager wie Fallingbostel und Bergen-Belsen. Von den Nationalsozialisten wurde ihm vorgeworfen sich mit seinen sowjetischen Mitgefangenen zusammen organisiert zu haben. Die Folge waren mehrere Verhöre und im Juni 1944 eine Deportation in das Konzentrationslager Neuengamme. Sowjetische Kriegsgefangene gehörten zu den Häftlingen, die in Konzentrationslagern neben Jüdinnen_Juden, die schlechtesten Überlebenschancen hatten, da ihnen von Seiten der SS am wenigsten Versorgungsmöglichkeiten zugestanden wurden.

Vom KZ Neuengamme aus wurde Tschernoglasow mit 1000 anderen Gefangenen in das Außenlager Dessauer Ufer gebracht um für verschiedene Firmen im Hafen Zwangsarbeit zu leisten.

Tschernoglasow berichtet von der Versorgung der Gefangenen im KZ-Außenlager Dessauer Ufer 1:

„Das Essen: Morgens „Tee“ mit einem Stück Brot (über die Qualität des Brotes soll man lieber schweigen) abends „Suppe“-Wasser mit Steckrübe. Jeden Tag gab es haufenweise Tote, hunderte von Leuten waren nicht in der Lage auf den Füßen zu stehen. Die Kleidung: gestreifte Sackleinwand und es war schon kalt; Hunger und Prügel verdreifachten sich.“

Im Außenlager Dessauer Ufer befanden sich neben Tschernoglasow Gefangene aus verschiedenen Ländern. Er berichtet von Russen, Polen, Franzosen, Deutschen, Belgiern und Holländern, die mit ihm Zwangsarbeit im Hafen leisten mussten.

Am 25.10.1944 wurden die Gebäude am Dessauer Ufer von einem alliierten Luftangriff getroffen. Der Bombeneinschlag war tagsüber, wodurch die meisten Gefangenen auf Arbeitskommandos außerhalb des Lagers waren. Es traf u.a. das sogenannte Krankenrevier im Lagerhaus G, bei dem ca. 150 Gefangene starben. Tschernoglasow berichtete davon:

„Zerstörungen im Hafen, zerstört unsere Unterkünfte, fast alle Kranken starben, die auf Pritschen lagen. Es war Glück, dass der größte Teil in Hamburg war. Aber wirklich Glück?“

Gefangene wurden in das eigens dafür in einem Teil des Zuchthauses Fuhlsbüttel eingerichtete KZ-Außenlager Hamburg-Fuhlsbüttel gebracht, in dem die Lebensumstände im Vergleich zu vorher von Tschernoglasow als „Paradies“ bezeichnet wurden. Gleichzeitig war die Zeit im KZ Fuhlsbüttel aber auch von willkürlicher Gewalt durch die Bewacher gekennzeichnet. Tschernoglasow berichtete auch von seiner Zeit als Hilfssanitäter bei der Rüstungswerft Blohm und Voss. Das Unternehmen Blohm und Voss nutzte im Zweiten Weltkrieg Tausende von Zwangsarbeiter_innen aus um Arbeit für die U-Boot-Produktion zu leisten. Dabei befand sich auf dem Firmengelände in Hamburg- Steinwerder ein Außenlager des KZ Neuengamme. Die Zwangsarbeiter_innen wurden nicht angemessen versorgt, Ernährung, medizinische Versorgung waren mangelhaft und brachten neben den unsicheren Arbeitsbedingungen, die zu Unfällen führten, vielen den Tod.

Von der hohen Todesrate erzählte auch Tschernoglasow:

„Unser Lager schmolz zusammen. Jeden Tag 3-4 Tote. Im April hielten sich nur noch wenige auf den Beinen: Hunger und Durchfall- sie tranken Wasser aus der Elbe. Durst quälte alle, besonders nach den Rationen gesalzener Fischpaste. Zu dieser Zeit starben von 500 Menschen die Hälfte; dies geschah innerhalb von 4 Monaten.“

Im Rahmen der Räumung der Außenlager wurde Tschernoglasow mit den verbliebenen Gefangenen wieder zum KZ Neuengamme transportiert. Von da aus wurde er über mehrere Stationen bis zur Lübecker Bucht deportiert, in der die Gefangenen in den Schiffen Thielbek, Athen und Cap Arcona zusammengepfercht wurden. Bei einem alliierten Luftangriff am 3. Mai 1945 wurden diese, unwissend, dass sich auf den Schiffen KZ-Gefangene aufhielten, angegriffen.

Miron Dawidowitsch Tschernoglasow überlebte den Angriff und zog später nach Odessa in der Ukraine.


1 Miron Dawidowitsch Tschernoglasow; ANg HB 1069