Károly Baranyai

Károly Baranyai wurde 1905 in Rákospalota (heute ein Teil von Budapest) geboren und arbeitete als Textilingenieur. Er wurde von den Nationalsozialisten als Jude von den Nationalsozialisten verfolgt und am 4.11.1944 in Budapest verhaftet. Über verschiedene Stationen in Ungarn und Österreich erreichte er nach 2 Wochen Deportation Hamburg und das KZ Neuengamme. Er berichtete über die schrecklichen Verhältnisse während seiner Deportation1:

„Der Weg war am Ende entsetzlich: Überall schliefen wir unter freiem Himmel, auch im größten Regen, zu essen aber gab es alle drei Tage eine kleine Suppe und jeden fünften Tag ein Brot. Aus der Reihe zu treten war bei Todesstrafe verboten.“

Am 18. November erreichte Károly Baranyai mit 1200 anderen Männern das Konzentrationslager Neuengamme. Nach 3 Tagen wurde er für ein Arbeitskommando in der Schiffswerft Stülcken eingeteilt um dort Trümmer zu räumen und Elektoschweißarbeiten zu verrichten. Baranyai berichtete von weiteren Arbeitskommandos für Werften im Hamburger Hafen, so u.a. auch für die Deutsche Werft, die im Zweiten Weltkrieg tausende von KZ-Gefangenen, Zwangsarbeiter_innen, Kriegsgefangenen und „Ostarbeiter_innen“ zur Arbeit zwang. Die Lebensumstände variierten je nach Lager, waren für alle von Mangelernährung, Misshandlungen und unzureichenden hygienischen Bedingungen gekennzeichnet.

Die SS sorgte für keinerlei Schutz für die KZ-Zwangsarbeiter_innen, so dass diese den Bombenangriffen ausgeliefert waren. Auch Baranyai erzählte wie ein Bombenangriff Menschen aus seinem Arbeitskommando tötete und die SS daraufhin die Existenzbedingungen der Gefangenen weiter verschlechterte:

„Als es so für uns keine Unterkunft mehr gab, brachte man uns zu 300 in eine Baracke ohne Dach, Türen und Fenster, die für 100 Personen gedacht war, wo wir uns einander zu Bergen drängten und zu sechs(t) in einem Strohsack gegenseitig traten. Dort vollbrachten wir unter ständigen Schlägen und bei fürchterlichem Hunger 8 Tage lang Aufräumarbeiten in den Trümmern.“

Zu Kriegsende versuchten die Nationalsozialisten die Zustände im KZ Neuengamme und den Außenlagern zu vertuschen, indem sie die Gefangenen in andere Lager deportierten bzw. auf Todesmärsche schickten. Im Zuge der Räumungen wurde Károly Baranyai für eine Nacht in das Lagerhaus G am Dessauer Ufer gebracht. Wie viele verbleibende Lager waren die Zustände im Dessauer Ufer von katastrophaler Überfüllung, Unterversorgung und Gewalt gekennzeichnet. Baranyai sagte zu seiner Zeit im Lagerhaus G:

„Nahrung bekam nur die Hälfte. Wegen des Essens musste man in den Keller gehen. Auf einer steilen, engen Treppe musste man sich anstellen, wo sich die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes erdrückten. Viele blieben liegen, von der Masse zertreten.“

Zusammen mit anderen Gefangenen wurde Károly Baranyai über Bremervörde in das Kriegsgefangenenlager Sandbostel gebracht, welches nun auch als Auffanglager für KZ-Gefangene diente. Überfüllung, Krankheiten und wenig Nahrung führte in den letzten Tagen des Krieges zum Tod von hunderten Gefangenen. Am 20. April 1945 verließen die letzten SS-Angehörigen das Lager und überließen die entkräfteten Gefangenen ohne Versorgung. Am 29. April 1945 befreite die britische Armee Károly Baranyai und andere Überlebende. Einige verstarben in den nächsten Wochen an den Folgen ihrer Haft.

Károly Baranyai kehrte nach Budapest zurück und berichtete über seine Erfahrungen.


1 Károly Baranyai; ANg HB 73